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JLM 01 . 1787


Historische Quellen

Quelle: Journal des Luxus und der Moden . Januar, 1787

IV. Englische Moden
1) Londner Dame in vollem Anzuge.
England und Frankreich, diese zwey schönen aber auch auf einander eifersüchtigen Schwestern, scheinen sich in Ansehung der Kleider-Trachten gegenseitige Dienste geleistet zu haben. England führte zuerst bey sich einen schönen, soliden und ntürlichen Geschmack in der männlichen und weiblichen Negligee-Kleidung ein, der eben darum weil er natürlich, bequem und dennoch schön ist, auch außerhalb allgemein gefiel und nachgeahmt wurde. Es ist auffanllend wie eifrig jetzt jede neue Englische Mode vom Negligee in Frankreich nachgeahmt wird, so daß fast alle Pariserinnen des Morgens wie Engländerinnen aussehen. Kurz England wurde die Lehrmeisterin von Frankreich, Teutschland, und mehreren Ländern im männlichen und weiblichen Negligee. Dagegen gab Frankreich England wieder manche schöne und elegante Form, und denjenigen leichten und reizvollen Geschmack im weiblichen vollen Anzuge, den man mit Recht einer Pariser Dame als angebohrenes Talent zugestehen muß. Indessen behält dich immer jede Nation ihre eigne Charakteristik auch in dem, was sie von der andern annimmt, und eine Pariserin wird immer im Negiligee nach Englischen, und eine Londnerin im vollen Anzuge nach Französischem Geschmacke kenntlich seyn.

Wir liefern hier auf Taf. 1. die Zeichnung einer Englischen Dame im Full-Dress, oder vollem Anzuge von neuester Mode, nach einem ächten Englischen Originale.

Die Frisur, die ziemlich breit und tief herunter geht, und fliegendes Hinterhaar hat, ist ein sehr krauser lockiger Krepp, und entweder gar nicht oder meistens braun gepudert.

Die Haube ist eine Art großer Pouf von klaren Flor, und mit einem Schleyer bis auf die Schultern; auf der linken Seite mit einer breiten Agraffe von schwarzen Sammt, mit zwey Schnuren Perlen oder Diamanten besetzt., gefaßt, über welcher drey weiße Straußenfedern vorwärts fallen. Weiter rückwärts linker Hand steckt eine kleine Aigrette von grünem Laubwerk, und rechter Hand ein BOuquet von drey Rosen, als wie zwischen der Haube und dem Haar eingeschoben.

Das Halstuch ist von klarem Flor, ziemlich groß aber ganz einfach und ohne Garbierung. An der Brust trägt die Dame ein großes Mode-Bouquet von artificiellen Blumen. Im Frühling und Sommer trägt man sie nah der Saison; d.h. nur die, davon die Originale eben in den Gärten blühen.

Das Kleid, nemlich Leib und Rock, ist vom tiefsten dunkelgrünen Atlas, die Taille davon sehr kurz, und hat weite Aermel von weißen Crepe, die etwas bauschend mit rosa Bändern aufgebunden sind. Ueber den grünen Atlas-Rock trägt die Dame einen weißen Crepe-Rock mit breiter Falbala, durch welchen der grüne hindurchschimmert. Die Falbala schein mit rosa Bandschleifen aus deren jeder drey kleine Blumenzweige in die Höhe steigen, gefaßt zus eyn. Die sogenannte Mante der Robe, mit ziemlich langer Schleppe, ist gleichfalls von weißem Crepe, sehr weit, geht vorn zusammen, ist aber zu beyden Seiten mit rosa Bandschleifen aufgezogen, und rund herum sehr schön drapirt.

Die Schuhe sind von rosa Atlas, mit spitziger Lasche, und schwarzer Bandfalbala garnirt.

Unsere schönen Leserinnen werden hoffentlich mit uns darüber einstimmig sey, daß diese Figur im Ganzen einen sehr schönen Effect thut.


2) Englische Dame im Negligée.
Hier ists eigentlich, wo die Engländerinnen durchaus original sind. Die größte Simplictät die von der Hand der Natur selbts vorgezeichnet scheint, giebt ihnen den originellen Reit, der so sehr für sie einnimmt. Jede Engländerin, sagt ein Reisender, der England sehr gut kennt, hat eine unnachahmliche Grazie, mit welche sie ihren Huth setzt; und jede setzt ihn anders und immer schön.

Die junge Dame die wir auf Taf. 2. Fig.2. liefern, ist im Undress, oder Negligee. Sie trägt einen ziemlich großen Strohhut, auf die eine Seite gesetzt. Er ist mit weißen Tafft gefüttert, und mit einer sogennaten Honigwaben-Frisur (Honey-comb-trimming) vin Flor eingefaßt. Auf den Kopf, den ein rosa Band mit einer gesperrten große Schleife umfaßt, ist ein gelichfalls weißer Flor gepufft. Die Haare sind um den ganzen Kopf ein lockiger Krepp, und hinten gleichfalls lockigt fliegend, und ungepudert. Das Halstuch ist von Flor, ziemlich groß und mit dreyfacher breiter Falbala. Sie trägt einen ganz einfachen rosa Atlas-Rock mit langen engen Aermeln, und plattierten oder Perlenmutterknöpfen.

Zu dieser Kleidung werden gewöhnliche schwarze Atlas-Schuhe, so wie auch die großen Mode-Brust-Bouquets getragen.
Information
Das Bildmaterial aus dem »Journal des Luxus und der Moden« mit freund-
licher Unterstützung zur Verfügung gestellt durch:

ThULB - Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek

Herzogin Anna Amalia Bibliothek . Klassik Stiftung Weimar



Kupfertafeln
Tafel I.
Januar 1787, Tafel I.

Tafel II.
Januar 1787, Tafel II.



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