Rokoko
Empire
JLM 09 . 1792
Biedermeier
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Quelle: Journal des Luxus und der Moden . September, 1792
III. Moden-Neuigkeiten
1) Aus Teutschland
Mannheim, den 14.Aug. 1792.
Die Mode der Caraco´s scheint allmählig zu sinken, weil sie zu gemein geworden sind; dagegen gewinnen die Chemisen von mancherley Formen wieder einen neuen Schwung. Man trägt hier, als neue Mode, folgenden sehr artigen Anzug en Negligé, davon ich ihnen hier eine Zeichnung (Taf. 26.) beylege.
Meine junge Dame trägt neml. eine Chemise von weißen Linon, unten mit blau und carmelite gestreiften breiten Bande galtt besetzt, und oben um die Brust mit verschiedenen Streifen gefalteter Blonden reich garnirt; über der Chemise ein sogennates Fichu-Caraco, das einen etwas breiten Kragen hat,
davon die beyden schmalen Enden unter den Armen hinweg laufen und sich hinten in der Taille mit kleinen Caraco-Schößen endigen. Es ist von hellblauen Taft, mit schwarzen gefaltetetem Bande eingefaßt. Der Gürtel um die Taille ist gleichfalls von blauen Taft mit schwarzen Bande glatt eingefaßt,
und nach hinten schrägt abgestochen, damit er die Taille nicht zu kurz macht. Die langen udn sehr knapp anliegenden Aermel der Chemise sind gleichfalls vorn mit braun und blau gestreiften Bande garnirt. Auf der Frisur trägt sie einen neuen Pouf à la Marguerite weißen Linon, auf dessen Kopfe kleine
Schleifen von hellblauen Bande stehen. Hinten faßt eine größere blaue Schleife das Ganze; um das Häubchen herum läuft ein Kranz von sogennanten Reines-Marguerites hellblau mit gelben Saamen, und vorn steht über der Stirn auch ein Bouquet davon. Diese Tracht ist schönen und wohlgewachsenen Figuren ungemein vortheilhaft.
Ihro Maj. die Kaiserin hat die berühmte ehemalige Modeschöpferin der Königin von Frankreich, Malle. Bertin, die Paris diesen Sommer verlassen hatte, und nach Mainz gekommen war, für ihren Hof engagirt, un sie mit nach Wien genommen. Wir haben also künftig von dorther ihre neuen Manifeste und Ordonanzen im Reiche der Mode zu erwarten.
2) Aus Frankreich.
Paris, den 15. August 1792 (Anmerkung: Auszug ab Seite 486)
Mit unsern Moden gehts noch immer seinen Gang wie sonst fort, und ich hoffe der Leichtsinn unsrer Pariser, un die Sucht unsrer schönen Welt zu gefallen, wird, wenigstens so lange das Palais Rojal noch steht, es mir nicht an Neuigkeitem und Stoffe zu meinen Bereichten fehlen lassen. Auch habe ich noch Verschiedenes vor den 10. August Gesammeltes in meinem Portefeuille.
Beyzuliegende Zeichnung (Taf. 25.) liefert Ihnen eine Figur wie man sie jetzt häufig sieht. Ein Chapeau à la bergère mit einer unter dem Kinne nachläßig gebundenen Florkappe, drunter ein rosa Band in dem lockenreichen Haar, ein Fichu-jabot, ein knappes und die Form der Brust sehr marquirendes Caraco von rosa Taft, unten mit Puffen von dunkelgrünen Crepe, mit weißen Perlen-Quasten gefaßt, und dunkelgrüne Schuhe mit weißer Falbala, machen das Ganze.
Carmelite in Zeuchen, und rosa und dunkelgrün in Bändern, sin anjetzt die neuesten Mode-Farben. Weiß bleibt in Zeuchen immer Mode., da es, so wie schwarz, als keine frabe betrachtet wird.
Mousselin tritt fast allgemein anjetzt an die Stelle des Linon. ich kann die Ursach davon nicht angeben.
Die feinen Strohhüte, mit herunterhängenden Krämpen, werden fast allgemein wieder Mode.
Von einer neuen Mode die man Gorge de Venus oder Gorge à la Romaine nennt, und ein wenig an das Scandale gränzt, schreibe ich Ihnen nächstens mehr.
Mlle. Bertin, die berühmte Modehändlerin der Königin, hat Paris verlassen, vermuthlich weil ihre Quellen da vertrocknen, und ist nach Teutschland, man sagt nach Maynz, gegangen. Indessen hat die Göttin Mode hier so viele Priesterinnenin ihrem Tempel, daß man den Verlust dieses Schöpfer-Genies nicht sehr spührt.
3) Aus England
London, den 28. Jul. 1792.
Der letzte Geburts-Tag des Königs, so prächtig und glänzend er auch übrigens war, hat uns im Reiche der Mode nicht viel Neues geliefert. Der König war, wie gewöhnlich an seinem Geburts-Tage, ausserordentlich einfach und prunklos gekleidet, desto reicher und glänzender aber der Prinz von Wales. Der Herzog von York trug seine Regiments-Uniforme mit einem brillantenen Sterne, und der Herzog von Clarence seine Marine-Uniforme. Fast alle die Herren vom Hofe hatten gestreifte seidne Kleider und Hosen und weisse reich gestickte Versten. An den Herren-Kleidern bemerkte ich eine neue Mode-Farbe, die man Couleur de Corbeau nennt, und dunkel, fast schwarz, stahlblau aussieht; ich sahe sie fast theils ganz einfarbig, theils mit Lilas, Voilett, oder Purpur gestreift. Die Beinkleider der herren waren fast alle vom Zeuche des Rocks; nur dann trugen einige schwarze seidne Beinkleider, wenn die veste von dem nemlichen zeuche des Kleides war; z.E. Rock und Veste von gestreiften seidnen Zeuche, mir reichen Stahlknöpfen, und schwarze seidne Hosen; auch feine Cashmir Klieder und Weste mit Seide gestickt, und schwarze Hosen.
Die Königin war dießmal ausserordentlich reich und prächtig, und fast ganz in Brüsseler Kanten gekleidet, und mit Juwelen bedeckt. An den übrigen Damen habe ich durchaus nichts von einer neuen Mode gesehen. Ihre gewöhnlichen Hofkleider, alle noch nach voriger bekannter französischer Form, fast alle von weissen Crepe, reich mit Silber und mehr oder minder mit Folie, Blumen, Spitzen, Perlen, Diamanten u.s.w. decorirt. Das London Chronicle läßt sie bekanntlich alle genau die Musterung passiren. Die junge Herzogin von York war auch dießmal am besten und geschmackvollsten, wie immer gekleidet.
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Das Bildmaterial aus dem »Journal des Luxus und der Moden« mit freund- licher Unterstützung zur Verfügung gestellt durch:
Sept. 1792, Tafel 25.
Sept. 1792, Tafel 26.
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