Rokoko
Empire
Über Schminke . 1796
Biedermeier
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Auszüge aus:
"Über die Schminke - ihre Bereitung, ihren Gebrauch, und ihren schädlichen und nützlichen Einfluss auf den menschlichen Körper"
bearbeitet für die Toilette von einem Freund der Schönen
Frankfurt am Main, in der Andräischen Buchhandlung, 1796 1)
Seit der Erfindung der Schminke bis auf den heutigen Tag eiferten unter den Modefabrikanten vorzüglich die Parfümeurs um die beste Bereitung jener Farbe, durch deren Aufstrich auf die Haut man sich ein schönes, gesundes, lebhaftes Ansehen zu geben vermögte. Daher die zahllose Menge der Schminksorten. Theils aus dm Reiche der Pflanzen und Thiere, theils aus dem Mineralreiche wählten sie zu diesem Behuf Produkte, als Mineralien. So verschieden auch immerhin diese waren, so dienten sie bloß entweder die lebhafte, blühende Röthe, oder ein glänzendes schönes Weiße der Haute zu geben. Diesem zufolge lassen sich alle Schminksorten in zwey Klassen theilen, nämlich in die rothe und weiße Schminke. Es giebt auch eine bläuliche, welche man zur künstlichen Darstellung der feinen Blutäderchen an einigen Stellen des Körpers verwendet, die ich aber in dieser Schrift nicht untersuchen werde.
Jede dieser beiden Hauptsorten der Schminke ist nun wieder wesentlich in ihren Gattungen verschieden, sowohl in Rücksicht ihrer steigenden Farbennüance, als in Betreff ihrer Bestantheile. So findet man die rothe nach ihrer stufenweise erhöhten Röthe, eben so wie die weiße Schminke nach ihrer steigenden Weiße sortiert. Was die Bestandtheile derselben betrifft, so müssen diese auffallend die Schminken derselben Farbe von einander unterscheiden. Nicht sowohl ob sie flüßig oder fest, als ob sie aus Metallen, oder aus Produkten der Pflanzen bereitet sind. Dieses sind alsdann die Karaktere, die die Gattungen einer oder der andern Hauptsorte der Schminke bestimmen. Zuverläßig ist nicht einerley weiß oder rothe Schminke, den so mannichfaltigen Hautfarben anpassend. Die eine rothe Schminke ist zu grell, die andere zu sanft, zu blaß im Verhältniß der übrigen Gesichtsfarbe. Diejenigen, welche schon eine ins Hellweiße fallende Gesichtsfarbe haben, nämlich die sogenannten Blonden, müssen eine hellere weiße Schminke sich wählen, die Brünetten aber, welchen eine dunklere Hautfarbe gegeben, kleidet ein gelinderes Weiß, welches gleichsam mit ihrer dunklen Hautfarbe gemischt, ein ihrer Natur ähnlicheres Weiße darstellt. Dieses bemerkten bald die Parfümeurs, und suchten daher die Schminke auf solche Art unter sich zu nüancieren, und alsdann meisterlich zu numeriren. Die im Schminken noch unerfahrne Damen kennen diese Sortirungen nur selten; sie pflegen daher die Sorte am ersten zu wählen, welche am weißesten ist; ob sie gleich weniger mit ihrer natürlichen Hautfarbe übereinstimmt, und sogleich sie weniger schön macht.
Rothe Schminke.
Diese wird aus verschiedenen Materialien auf verschiedene Art zubereitet, meist aber in trockener oder Pulvergestalt, seltener flüssig verkauft.
Zur Bereitung aller trocknen rothen Schminken dient der Talch als Grundlage oder Basis; durch den Zusatz oder durch die Vermischung eines rothen Stoffes wird derselbe gefärbt. Dieser Talch ist ein speckigt kalkartiger Stein, der im venetianischen Gebiethe in der besten Güte ausgegraben wird. Die Drognisten in Paris beziehen ihn daher unter den Namen Tale de Venise, pulverisiren denselben sehr fein, und verkaufen ihn auf Porphyr gerieben, an die Schminkbereiter, die ihn alsdann auf folgende Art zu einer schönen verschieden rothen Schminke färben.
Rouge à la Reine.
Besteht aus diesem gepulverten Talch gefärbt mit Saflor. Acht Loth wohl getrockneten Saflor (dieses sind die Blumen eines Krautes, das unter dem Namen wilder Safran, Bürstenkraut, Carthamus tinctorius LIN. Bekannt ist) fasst man in einem aus Leinen bereiteteten Sack, den man wohl zuschnürt, dieser wird in fliessendes Wasser oder wenigstens in Wasserbehälter gelegt, worin man öfters das Wasser ablassen kann. Ein Mensch mit hölzernen Schuhen bekleidet, tritt mit denselben auf den Sack, und stampft ihn so lange, bis das Wasser in dem Sack ganz helle und ohne die geringste Spur von gelber Farbe ist, und der Sack selbst anfängt sich rosenroth zu färben.
Nach dieser ersten Vorbereitung wird unter den Salfor entweder ein Drittel oder die Hälfte reines Sodesalz oder Pottasche wohl gemischt, der Sack von neuem zugeschnürt, in ein reines porzellanenes Becken gelegt, und mit kalten reinen Wasser übergossen, so zwar, dass das Wasser alles färbende aus dem Sack und den Blumen an sich zieht, und gelblich wird. Diese gelbe Flüssigkeit fasst man in ein besonderes Glas, und giesst darin reinen klaren Zitronensaft, die Flüssigkeit trübt sich, und ein roth färbiger Niederschlag fällt zu Boden des Gefässes. An wiederholt dieses Zugiessen von Zitronensaft so lange, bis kein Niederschlag mehr erfolgt.
Die auf dem Niederschlag befindliche Feuchtigkeit wird abgegossen Mit Zitronensaft feuchtet man darauf den Niederschlag an, und knetet denselben, während dem man den gepulverten venezianischen Talch ihm zumischt, zu einem Teig.
Nach der Menge des hinzukommenden Talches ist nun auch der Grad der Röthe verschieden, je mehr vom Talch desto blässer, und umgekehrt, je weniger vom Talch, desto dunkler die rothe Schminke. De Parfümeurs halten sich daher an gewisse Grade von Röthe, und unterscheiden diese durch Numern; so ist bey einigen Nro. 1. die höchste Röthe, Nro. 2. blässer, Nro 3. noch blässer oder umgekehrt. Dieser Teig wird nun in die bekannte Schminktöpfchen gefaßt, mit einem Kartenblatt bedeckt, welches man mit Gewicht beschweret, und so den Teig trocknen läßt. Man pflegt auch diese Sorte Rouge végétal zu nennen, weil der Saflor ein Produkt des Pflanzenreichs ist. Übergießt man demnach eine solche rothe Schminksorte mit zwey- bis dreymal so viel Weingeist, so zieht derselbe die färbende Materie aus, und der Talch bleibt weiß als ein Pulver, oder die Grundlage der Schminke zurück, der kenntbar ist. Man schließt demnach mit Recht, daß das Roth, womit man die Schminke bereitete, aus dem Pflanzenreich genommen wurde, und Saflor sey.
Rouge de Portugall.
Ist nur von voriger in so fern verschieden, daß bey der Bereitung statt des Salfors Carmin zum Rothfärben des Talches genommen wird. Den Carmin bereitet man aber aus den Cochenillen (dieses sind kleine Käfer, welche auf dem indianischen Feigenbaum cactus cochenillifer. LIN. In Neuspanien häufig angetroffen und gesammelt werden) auf folgende Art. Vier Loth derselben getrocknet und fein pulverisirt werden in zwey Pfund destillirtem Wasser, die zuvor in einem zinnernen Kessel ins Sieden gebracht, mit einem Quentchen gereinigtem Weinstein geschütttet, und höchstens eine halbe Viertelstunde lang, indem man das Wasser mit einem hölzernen Spatel umrühret, gelinde gekocht. Man füget sodann anderthalb Quentchen pulverisirten römischen Alaun hinzu, hält mit dem Kochen noch einige Minuten an, worauf der Kessel vom Feuer genommen wird. Ohngefähr während einer Stunde setzt sich das Kochenillenpulver zu Boden. Die klare Farbenbrühe wird itzt aufs behutsamste vom Bodensatz in ein Zuckerglas abgegossen, mit Papier bedeckt, und ohngefähr fünfzehn Tage der Ruhe überlassen. Es sinkt in dieser Zeit ein rother Staub zu Boden und die Farbenbrühe erblaßt. Nachdem diese abgegossen, wird der rothe Niederschlag durch weißes Druckpapier filtrirt, mit Wasser mehrmal ausgewaschen und getrocknet.
Diesen Carmin feuchet man wohl mit Zitronensaft an; nachdem derselbe so angefeuchtet eine Zeitlang gestanden, reibt man ihn auf einem steinernen Reibstein, und zwar so lange, bis man gar nichts ungleiches mehr darin wahrnimmt, vermischt alsdann das Abgeriebene mit dem fein zubereiteten Talchpulver, und reibt ihn während der Mischung zu einem feinen Teig. Je öfterer er gerieben wird, desto feiner wird die Schminke. Das Schminktöpfchen salbt man mit Süßmandelöl ein, und füllt solches mit dem Schminkteig, bedeckt denselben mit einem Kartenblatt und Papier, beschwert beyde mit etwas Gewicht, und läßt den Schminkteig auf diese Art austrocknen.
Dies Schminksorte hat das Besondere, daß sich mit zunehmendem Alter ihre schöne Farbe noch mehr verschönert, folglich je länger man sie aufbwahret, desto schöner wird dieselbe.
Weisse Schminke aus Perlen.
Aus den Perlen wird zuverlässig die theuerste weisse Schminke gemacht. Sonst war sie in Frankreich die gewöhnlichste. Da das rohe Material derselben die Parfümeurs schon hoch im Ankauf zu stehen kommt, ob gleich für sich es wenig Mühe und Unkosten sie zur Schminke zu bilden macht, man aber gewöhnlich mit solchen Schönheitsmitten den unerhörtesten Wucher treibt, so war die notwendigste Folge, dass die Damen diese weisse Schminksorte in einem ungeheuren Preise kaufen mussten. Da man in der Folge aus wohlfeileren Materialien weisse Schminke verfertigen lernte, so kam dieselbe bald in Vergesseneheit, und wird heut zu Tage, ob man gleich noch viele weisse Schminken unter dem Namen Blanc de Peres verkauft, äusserst selten, wohl gar nicht mehr aus ächten Perlen verfertigt.
Weiße Schminke aus Bley.
Ein allgemein bekanntes Metall, welches in aelteren Zeiten haeufiger als dermalen zur weißen Schminkbereitung genutzt wurde.
In eine gewisse Quantität vom besten Essig wurde reines gefeiltes Bley geworfen. Nach und nach lößte der Essig das Bley völlig auf, der Essig blieb klar, bekam aber einen vollkommen süßlichen Geschmack. Den hellen und reinen Theil dieser Auflösung brachte man in ein Zuckerglas, goß dazu in Wasser aufgelöste Pottasche, oder Sode. Die Mischung ward trüb und milchweiß, allmählig fiel ein weißes sehr feines Pulver auf den Boden des Geschirres nieder, und die Mischung ward klar. Man schüttete das auf dem Pulver stehende Flüßige ab, übergoß das Pulver mehrere Male mit laulichem Wasser, um es vollends aubzuwaschen, und trocknete es zuletzt im Schatten.
Dieses weiße Pulver verkaufte man als Schminke, indem dieser Metallkalk schneeweiß; sehr feinstäubig und geschmacklos war. Der wahre Name dieser Schminke sollte blanc de plomb seyn; allein theils das Verboth Bleyschminke zu verkaufen, theils der Trieb zum Wucher nöthigte die Parfümeurs, diese Schminke mit den sonderbarsten Namen zu belegen, um den Wolf gleichsam in einen Schaafpelz zu verhüllen.
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Das Bildmaterial aus dem »Journal des Luxus und der Moden« mit freund- licher Unterstützung zur Verfügung gestellt durch:
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